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Rechnungshof legt Jahresberichte 2019 vor

Viel Überprüfungsbedarf für wirtschaftlicheres Handeln

„Ist das wirklich alles noch in dieser Form nötig?“, fragt die Präsidentin des Rechnungshofs der Freien Hansestadt Bremen, Bettina Sokol, anlässlich der Vorstellung der Jahresberichte 2019 für Land und Stadt. „Wir sehen auf mehreren Gebieten Überprüfungsbedarf, damit Bremen wirtschaftlicher handeln kann. Das reicht unter anderem von einer verstärkten Zusammenarbeit im Fahrzeugwesen von Polizei und Feuerwehr über Doppelstrukturen bei der Wirtschaftsförderung bis zu der Frage, ob das Landespflegegeld unter den heutigen bundesrechtlichen Rahmenbedingungen noch seinen Zweck erfüllen kann“, sagt Präsidentin Sokol und fährt erfreut fort: „Alle Ressorts haben sich zumindest offen für unsere Anregungen gezeigt und zum Teil schon die erforderlichen Überprüfungen zugesagt.“

Einen besonderen Fall solcher Überprüfungen stellt eine Bildungseinrichtung dar, die seit langen Jahren mit bremischen Mitteln gefördert sowie bezuschusst wird und bis heute insgesamt mehr als 10 Mio. € erhalten hat. Sie besitzt den Status einer Ersatzschule, obgleich es mehr als zweifelhaft ist, dass die dafür erforderlichen verfassungsrechtlichen Voraussetzungen jemals vorgelegen hätten. „Das Grundgesetz lässt im Ersatzschulwesen keine staatliche Bezuschussung von Schulen zu, wenn sie hinter den Lehrzielen öffentlicher Schulen zurückstehen oder ihr Besuch nur für Kinder reicher Eltern erschwinglich ist“, erläutert Sokol.

Zu kritisieren sind auch Mängel bei Vertragsgestaltungen, Abrechnungen und beim Management. So sind die jährlichen Abrechnungen der Leistungen nach dem zwischen mehreren Ländern und Dataport geschlossenen IT-Beschaffungsvertrag nicht kontrollierbar, weil Dataport alle geleisteten Stunden bestimmter Kategorien nur pauschal je Land und nicht je Auftrag ausweist. „Wir haben dem Ressort dringend empfohlen, auf eine Vertragsänderung hinzuwirken, die eine verlässliche Abrechnungskontrolle ermöglicht“, ergänzt Präsidentin Sokol. Die Abrechnung von Dienstreisen mit dem eigenen Auto ist ebenfalls nicht günstig für die bremischen Finanzen gestaltet. Die Voreinstellung des Abrechnungssystems zeigt automatisch die Ausnahme statt der Regel an, nämlich die sogenannte große Wegstreckenentschädigung statt der kleinen und damit einen oft höheren als den von Bremen nach dem Gesetz zu zahlenden Betrag. Um Vermietungseinkünfte nicht unversteuert zu lassen, bedarf es zudem eines besseren Informationsflusses innerhalb des Finanzamtes. Wer im Ausland lebt, aber Mieteinkünfte aus Grundeigentum in Deutschland erzielt, ist hier auch steuerpflichtig.

Bettina Sokol: „Mit unseren diesjährigen Prüfungsfeststellungen konnten wir als Rechnungshof wieder etliche Mängel aufdecken. Unser Ziel ist es, mit unseren Berichten und Hinweisen zu Verbesserungen beizutragen.“

Für weitere Informationen erhalten Sie hier die Pressemitteilung (pdf, 38.1 KB), eine Kurzfassung (pdf, 97 KB) der Berichte sowie den vollständigen Text der Jahresberichte 2019 - Land und Stadt (pdf, 4.4 MB).

Die folgenden Absätze geben die Kurzfassungen der in den Jahresberichten enthaltenen Beiträge wieder.

Bremen wird voraussichtlich das Haushaltssanierungsprogramm umsetzen und die Verpflichtung aus der bis 2020 geltenden Vereinbarung mit dem Stabilitätsrat zur Nettotilgung sogar übertreffen. Gleichwohl zeigen die Haushaltskennziffern deutlich, dass Bremen wegen seiner hohen Altschulden bis auf weiteres ein Haushaltsnotlageland bleiben wird. Steigende Zinsen würden in Bremen daher massivere Auswirkungen als in anderen Ländern haben. Um dieses Risiko zu mindern, beabsichtigt Bremen, die Schulden um mehr als 200 Mio. € jährlich abzubauen.

Neben dem Problem der Altschulden besteht seit Jahren das Problem des Sanierungsstaus. Werden erforderliche Erhaltungsinvestitionen aufgeschoben, steigen die dafür später notwendigen Kosten überproportional. Bremen steht vor der Herausforderung, sowohl den Sanierungsstau abzubauen als auch Schulden zu tilgen.

(Jahresbericht Land, Tz. 94-116)

Dem Geschäftsbericht über den doppischen Jahresabschluss 2017 wurde erstmals auch der Abschlussbericht des Produktgruppencontrollings beigefügt. Die Stadtgemeinde Bremerhaven erfüllt die Anforderungen des kaufmännischen Rechnungswesens bisher nicht, sodass kein gemeinsamer Jahresabschluss für den Stadtstaat aufgestellt werden
kann.

Da die Zahlen im doppischen Jahresabschluss nur die Summe der Kernhaushalte des Landes und der Stadt abbilden, ist kein Vergleich mit einer anderen Gebietskörperschaft möglich, lediglich Zeitreihenvergleiche sind aussagekräftig. Doppisch betrachtet beliefen sich die Verbindlichkeiten und Rückstellungen Ende 2017 auf rund 34,12 Mrd. €. Demgegenüber betrug der aus den kameralen Haushaltsrechnungen abzuleitende Schuldenstand insgesamt nur rund 19,65 Mrd. €, weil er lediglich Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten und sonstige Verbindlichkeiten von mehr als einem Jahr Laufzeit umfasst.

(Jahresbericht Land, Tz. 54-93)

Für die Jahre 2018 und 2019 sind 59 Digitalisierungsvorhaben mit einem Gesamtvolumen von rund 34 Mio. € geplant. Für keines dieser Vorhaben wurde - entgegen der rechtlichen Vorgaben - eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung mit einer finanzmathematischen Methode durchgeführt. Auch wurde es pauschal unterlassen, jeweils den angestrebten monetären Nutzen zu bewerten. Um den Erfolg finanzwirksamer Maßnahmen beurteilen zu können, bedarf es darüber hinaus Informationen über die erreichten Wirkungen. Die dafür erforderlichen Kennzahlen müssen allerdings aussagekräftig und messbar sein. An wirkungsorientierten Kennzahlen und erfolgsrelevanten Zielwerten fehlte es jedoch in etlichen Erfolgskontrollen, die in den Jahren 2016 und 2017 durchgeführt worden waren.

Ohne wirkungsorientierte Kennzahlen und erfolgsrelevante Zielwerte kann der Erfolg einer finanzwirksamen Maßnahme nicht objektiv dargestellt werden. Der Rechnungshof hat empfohlen, die maßgeblichen Vorschriften um Regelungen zu Kennzahlen und Zielwerten zu ergänzen.

(Jahresbericht Land, Tz. 152-172)

Nachdem die Personalausgaben im Jahr 2016 um rund 3,4 % gestiegen waren, nahmen sie 2017 um rund 4,1 % zu und betrugen rund 1,9 Mrd. €. Der stärkere Zuwachs ist sowohl auf die Erhöhung der Bezüge und Entgelte als auch auf eine Zunahme der Zahl der Beschäftigten zurückzuführen.

Im Jahr 2017 stieg das Beschäftigungsvolumen im Kernbereich - anders als in den Vorjahren - wieder an, und zwar um 193 auf 13.231 Vollzeiteinheiten, also um rund 1,5 %. Außerdem erhöhten sich die temporären Personalmittel deutlich, die für zeitlich befristete Projekte und Maßnahmen genutzt werden können. Das Beschäftigungsvolumen wuchs für temporäre Maßnahmen gegenüber dem Vorjahr um rund 23,6 % von rund 577 Vollzeiteinheiten auf rund 713 Vollzeiteinheiten.

Der Anteil der Personalausgaben an den Gesamtausgaben veränderte sich im Jahr 2017 gegenüber dem Vorjahr nicht spürbar und lag nach wie vor bei rund 26,0 %.

(Jahresbericht Land, Tz. 117-139)

Die Mehrländeranstalt Dataport ist seit Januar 2013 die zentrale IT-Beschaffungs- und Vergabestelle für Bremen und zwei weitere Trägerländer. Das Abrechnungswesen für erbrachte Leistungen ist im Beschaffungsvertrag allerdings nicht nachvollziehbar genug gestaltet. So sind die jährlichen Abrechnungen vertraglicher Leistungen nicht kontrollierbar, da Dataport alle geleisteten Stunden bestimmter Kategorien nur je Land, aber nicht für jeden Auftrag ausweist. Bei Vergabeverfahren, die gemeinsam für mehrere Länder - unter Umständen auch für nicht am Beschaffungsvertrag beteiligte Trägerländer und Dataport selbst - durchgeführt werden, ordnet Dataport ebenfalls die geleisteten Stunden nur den Ländern und nicht den jeweiligen Vergaben zu, sodass eine Kontrolle der für den einzelnen Auftrag erbrachten Leistungen nicht möglich ist.

Mehrausgaben für Bremen verursachte die Umgehung des Beschaffungsvertrags mit einer gesonderten Abrechnung zu höheren Stundensätzen. Dataport verstieß in mehreren Fällen gegen das Vergaberecht und ließ bei Datenerfassung und Dokumentation die nötige Sorgfalt vermissen.

(Jahresbericht Land, Tz. 373-418)

Die Marktverwaltung führte eine neue Software für die Organisation der Bremer Volksfeste fehlerhaft und ohne detaillierte Verträge ein. Dabei fielen Mehrausgaben für eine zusätzliche Installation an. Ein Programmierfehler sowie etliche Verstöße gegen das Haushaltsrecht führten zu unnötigem Aufwand für Korrekturen und zu verspäteten Einnahmen. Weil das nötige Freigabeverfahren dafür nicht durchgeführt wurde, wird eine bereits im März 2017 programmierte Schnittstelle immer noch nicht eingesetzt.

Aufgrund des Fehlens nachvollziehbarer Leistungsnachweise von Dataport lässt sich nicht prüfen, ob Bremen für die Implementierung mit der Zahlung von rund 28.400 € statt der ursprünglich angebotenen 7.030 € zu Recht einen Betrag von demgegenüber vierfacher Höhe leistete.

(Jahresbericht Land, Tz. 199-222)

Nutzen Beschäftigte für Dienstreisen private Fahrzeuge, unterscheidet das Bremische Reisekostengesetz zwischen der sogenannten kleinen und der sogenannten großen Wegstreckenentschädigung. Die große Entschädigung ist die Ausnahme. Sie darf nur gezahlt werden, wenn ein erhebliches dienstliches Interesse an der Nutzung des privaten Fahrzeugs vorliegt. Der Rechnungshof hat anhand einer repräsentativen Stichprobe festgestellt, dass mehr als die Hälfte der Reisekostenabrechnungen insoweit Mängel aufwiesen. Ursächlich für die Mängel war, dass die große Wegstreckenentschädigung im IT-Verfahren als Standard voreingestellt ist und eine Begründung nicht verlangt wird. Dies lässt die Ausnahme zur Regel werden und führt im Ergebnis zu höheren Ausgaben.

Der Rechnungshof hat dem Finanzressort dringend empfohlen, die Voreinstellung zu ändern und zudem gefordert, die Dienststellen auf die bestehenden Regelungen zur Wegstreckenentschädigung hinzuweisen.

(Jahresbericht Land, Tz. 140-151)

Wirtschaftspolitisch war entschieden worden, einen Gerichtsgebäudeteil gastronomisch zu nutzen. Nach dem Umbau für rund 3 Mio. € wurden dieser Gebäudeteil und eine Innenhoffläche seit 2003 an wechselnde Gastronomiebetriebe verpachtet. Anfang 2018 lösten Immobilien Bremen und die damalige Betreibergesellschaft das Pachtverhältnis auf und vereinbarten die Zahlung einer sogenannten Entschädigung von 370 T€ an die Gesellschaft. Von Anfang an waren die Pachteinnahmen allerdings stets geringer als geplant gewesen, auch weil die jeweiligen Betreibergesellschaften häufig den Pachtzins kürzten.

Mängel gab es beim Vertragsmanagement und bei der Ermittlung der Entschädigungshöhe. Obgleich frühzeitig erkennbar war, dass auch die Rahmenbedingungen für eine gastronomische Nutzung, insbesondere wegen der Lage des Objektes und der sensiblen Sicherheitsanforderungen des Gerichtsbetriebs, schwierig waren, versäumte die Verwaltung eine Überprüfung des Nutzungskonzepts ebenso wie eine gebotene Erfolgskontrolle.

(Jahresbericht Land, Tz. 455-472)

Bei der Deicherhöhung am linken Weserufer beachtete der Deichverband Vorschriften für Auftragsvergaben und Abrechnungen nicht konsequent. Zudem schenkte er nicht allen Vorgaben zur Korruptionsprävention ausreichend Beachtung. So hielt er den Grundsatz der Aufgabentrennung nicht ein, nach dem wesentliche Arbeitsabläufe wie Planung, Vergabe und Abrechnung jeweils von unterschiedlichen Personen zu bearbeiten sind. Überdies wurden freiberuflich Tätige in Vergabeverfahren in unzulässiger Weise eingebunden. Weitere Mängel zeigten sich bei der Dokumentation von Vergabeverfahren.

Die Abrechnung der Bauleistungen entsprach teilweise nicht den Vorschriften. So hatte der Deichverband nachträglich erstellte Leistungsnachweise akzeptiert, obwohl sich der tatsächliche Leistungsumfang nicht mehr eindeutig feststellen ließ. Auch waren Leistungen ohne Belege in Rechnung gestellt und bezahlt worden.

(Jahresbericht Land, Tz. 321-354)

Das Land Bremen ist Mehrheitsgesellschafter der Bremer Toto und Lotto GmbH. Zweck der GmbH ist es, die Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrags umzusetzen und dadurch das Entstehen von Glücksspiel- und Wettsucht zu verhindern. Die Gesellschafterrechte für das Land nimmt das Finanzressort wahr.

Obwohl alle Gesellschafter ihrerseits das Tariftreue- und Vergabegesetz zu beachten haben, sieht sich die GmbH nicht verpflichtet, das Vergaberecht einzuhalten. Dies erscheint auch vor dem Hintergrund des öffentlich-rechtlich definierten Gesellschaftszwecks wenig überzeugend. Der Rechnungshof hat daher das Finanzressort gebeten, seinen Einfluss zu nutzen, um die Bremer Toto und Lotto GmbH vollständig an das Tariftreue- und Vergabegesetz zu binden. Er hat ferner weitere Feststellungen zum Anlass genommen, das Finanzressort zu bitten, sich verstärkt sowohl ein Bild über die Wirtschaftlichkeit der Geschäftstätigkeit der Bremer Toto und Lotto GmbH zu machen als auch den am Glücksspielrecht orientierten Gesellschaftszweck in den Blick zu nehmen.

(Jahresbericht Land, Tz. 419-439)

Das Kulturressort schloss mit den Bremer Philharmonikern einen Zuwendungsvertrag für den Zeitraum von 2018 bis 2022. Die in diesem Vertrag vorgesehenen materiellen Leistungen Bremens für das Orchester stellen keine ausreichende finanzielle Basis für seinen Betrieb dar. Bereits zum jetzigen Zeitpunkt zeichnen sich wirtschaftliche Risiken ab, insbesondere aufgrund von Kostensteigerungen bei den Sach- und Personalaufwendungen, aber auch aufgrund bestehender Verpflichtungen gegenüber dem Theater.

Es ist dringend erforderlich, in einer Mittelfristplanung darzustellen, wie diesen wirtschaftlichen Risiken begegnet werden soll. Das Kulturressort will sich dafür einsetzen, die Finanzierung der Bremer Philharmoniker auch künftig sicherzustellen.

(Jahresbericht Stadt, Tz. 59-98)

Bremen hat eine große Zahl unbegleitet eingereister ausländischer Kinder und Jugendlicher aufgenommen, die in Jugendhilfemaßnahmen betreut werden. Von den in den Jahren 2014 und 2015 eingereisten jungen Menschen hatten im Dezember 2017 rund 73 % die Volljährigkeit erreicht.

Das Jugendressort hat spät begonnen, gemeinsam mit dem Amt für Soziale Dienste und freien Trägern ausreichend bedarfsgerechte ambulante Anschlussmaßnahmen für junge Volljährige zu entwickeln. Fehlen passende Angebote, besteht das Risiko, dass die jungen Menschen länger als notwendig in stationären Hilfen zur Erziehung verbleiben. Nicht zuletzt die hohe Anzahl inzwischen volljährig gewordener junger Menschen im Jugendhilfesystem erfordert es, die Planung von Maßnahmen der Jugendhilfe und möglichen Anschlussangeboten regelmäßig zu überprüfen und bedarfsgerecht anzupassen. Das Jugendressort ist dabei, eine übergreifende Planung zu erstellen, um junge Volljährige in die Selbständigkeit zu begleiten.

(Jahresbericht Stadt, Tz. 99-127)

Rund 9,8 % aller Schülerinnen und Schüler in Bremen besuchen vom Bildungsressort genehmigte Ersatzschulen. 2017 zahlte Bremen den 18 Schulen Zuschüsse in Höhe von rund 26,1 Mio. €. Nach Grundgesetz und Landesrecht sind für eine Genehmigung als Ersatzschule unter anderem die Voraussetzungen zu erfüllen, dass die Schule in ihren Lehrzielen nicht hinter den öffentlichen Schulen zurücksteht und mit dem Schulbesuch keine "Sonderung" nach den Besitzverhältnissen der Eltern gefördert wird (sog. Sonderungsverbot). Vor dem Hintergrund von regelhaften Schulgeldern zwischen 35 € und 1.325 € im Monat sowie Aufnahmebeiträgen von bis zu 6.000 € hat der Rechnungshof das Ressort aufgefordert, sich von den Schulträgern aussagekräftigere Unterlagen geben zu lassen, damit es insbesondere die Einhaltung des Sonderungsverbots angemessen prüfen könne. Zudem leistete das Ressort über die gesetzlich vorgesehenen Zuschüsse hinaus jahrelang erhebliche Zahlungen und Vergünstigungen zum Teil in Millionenhöhe, ohne darüber einen umfassenden Überblick zu besitzen oder stets die wirtschaftlichen Verhältnisse der Schulträger zu berücksichtigen.

Eine ursprünglich nicht als Ersatz-, sondern als Ergänzungsschule in ihrer Aufbauphase mit rund 441 T€ geförderte Schule erhielt 2006 eine Genehmigung als Ersatzschule, obwohl sie nicht zu den gleichen Abschlüssen wie öffentliche Schulen führt und damit in ihren Lehrzielen nicht vergleichbar ist. Auch die Höhe von Aufnahmebeitrag und Schulgeldern begründet erhebliche Zweifel an der Einhaltung des verfassungsrechtlich verlangten Sonderungsverbots. Diese verfassungsrechtlichen Bedenken geben Anlass zu prüfen, ob der Ersatzschulstatus Bestand haben kann.

(Jahresbericht Land, Tz. 252-288)

Um ihren Fuhrpark von mehr als 500 Fahrzeugen verwalten zu können, erfasst die Polizei unter anderem Alter, Laufleistung und Werkstattkosten der Fahrzeuge. Die vorhandenen Daten sind jedoch unvollständig und nicht immer plausibel. Eine bessere Qualität dieser Daten ist notwendig, um Fuhrparkplanung und -nutzung optimal steuern zu können. Auch das Innenressort hat eingeräumt, die Verbesserung der Datenqualität sei wünschenswert.

Eine verstärkte Zusammenarbeit der Polizei mit der Feuerwehr im Fahrzeugwesen ist wirtschaftlich vorteilhaft. Dies gilt sowohl für die gemeinsame Nutzung dafür geeigneter Fahrzeuge als auch für eine Zusammenlegung der beiden bisher getrennt betriebenen Werkstätten. Das Innenressort hat eine Prüfung zugesagt.

(Jahresbericht Land, Tz. 223-251)

Die Berufsfeuerwehr verfügt über rund 160 Fahrzeuge und unterhält zu deren Wartung eine eigene Werkstatt. Es bietet sich an, die Zusammenarbeit mit der Polizei im Fahrzeugwesen deutlich zu verstärken. Dies gilt sowohl für die gemeinsame Nutzung dafür geeigneter Fahrzeuge als auch für die Möglichkeit einer gemeinsamen Werkstatt. Das Innenressort hat eine Prüfung zugesagt.

Bei der Beschaffung von Feuerwehrfahrzeugen ist neben technischen Anforderungen auch der Preis angemessen zu berücksichtigen. Die Feuerwehr hatte dies nicht immer beachtet. Werden Fahrzeuge ausgesondert, sind höhere Verkaufserlöse zu erwarten, wenn die Feuerwehr statt eines freihändigen Verkaufs Versteigerungsplattformen öffentlicher Betreiber nutzt. Die Feuerwehr hat die Empfehlungen des Rechnungshofs zum Teil bereits umgesetzt.

(Jahresbericht Stadt, Tz. 40-58)

Die BIS Bremerhavener Gesellschaft für Investitionsförderung und Stadtentwicklung bewirtschaftet Technologie- und Gründerzentren in Bremerhaven. Mit der Bereitstellung von Mietflächen sollten dort ursprünglich junge Unternehmen bestimmter Branchen gefördert werden. Tatsächlich beschränken sich die Mietverhältnisse aber nicht auf Angehörige der Zielgruppen und es werden auch keine vergünstigten Mietkonditionen gewährt. Anders als vorgesehen strebt die BIS vielmehr eine möglichst vollständige Vermietung aller Flächen zu marktüblichen Bedingungen an, erzielt allerdings in einem Teil der Zentren dauerhaft hohe Verluste.

Neben der BIS verfolgt auch die BRIG in Bremerhaven gleichgelagerte Ziele mit einem eigenen Mietangebot. Damit existieren Doppelstrukturen. Der Rechnungshof hat dem Ressort empfohlen, darauf hinzuwirken, dass die Angebote von BIS und BRIG inhaltlich und organisatorisch koordiniert werden.

(Jahresbericht Land, Tz. 355-372)

Blinde und schwerstbehinderte Menschen haben zum Ausgleich behinderungsbedingter Mehraufwendungen grundsätzlich Anspruch auf das Landespflegegeld, das auf Antrag unabhängig von der Höhe des Einkommens und Vermögens gewährt wird. Auf diese Hilfe werden jedoch zweckgleiche Leistungen angerechnet, z. B. aus der Pflegeversicherung. Die im Regelfall außergewöhnlich pflegebedürftigen Schwerstbehinderten, aber auch schwer pflegebedürftige Blinde erhalten aufgrund dieser Anrechnungspraxis kein Landespflegegeld. Nur blinde Menschen, die nicht pflegebedürftig sind, können diese Leistung ungekürzt beanspruchen.

Es ist somit zweifelhaft, ob das Landespflegegeld dem Anliegen des Gesetzgebers noch gerecht wird, allen von Blindheit oder Schwerstbehinderung Betroffenen mehr Chancengleichheit und Teilhabe zu ermöglichen. Der Rechnungshof hat dem Sozialressort daher empfohlen zu prüfen, ob das Landespflegegeld im gegenwärtigen sozialrechtlichen Rahmen noch seinen Zweck erfüllt.

(Jahresbericht Land, Tz. 289-306)

Der Verein zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung in der Freien Hansestadt Bremen e. V. erhielt von 2013 bis 2017 Zuwendungen von insgesamt rund 586 T€. Einige seiner satzungsmäßigen Aufgaben nimmt aber nicht mehr er selbst wahr, sondern sie werden vom Wissenschaftsressort erledigt, wie etwa die Planung und Gründung wissenschaftlicher Einrichtungen oder die finanzielle Förderung von Forschungsinstituten. Bei anderen, vom Verein für einige Forschungsinstitute erbrachten Leistungen - beispielsweise die Begleitung von Jahresabschlussprüfungen - ist es fraglich, ob hierfür noch ein Bedarf besteht.

Der Rechnungshof hat das Ressort gebeten zu prüfen, ob noch ein erhebliches bremisches Landesinteresse an der Förderung des Vereins bestehen könnte. Das Ressort hat für das Jahr 2019 eine Strategiediskussion angekündigt, in der die Funktion des Vereins eine zentrale Rolle spielen werde.

(Jahresbericht Land, Tz. 307-320)

In der Bundesrepublik gibt es 14 Landesmedienanstalten mit vergleichbaren Aufgaben. Alle Medienanstalten zusammen erhalten jährlich 1,8989 % des Rundfunkbeitragsaufkommens, im Ergebnis insgesamt rund 150 Mio. €, ohne dass dem ein nachgewiesener Bedarf zugrunde läge. Der Anteil der Bremischen Landesmedienanstalt (brema) an diesen Mitteln belief sich 2017 auf knapp 1,7 Mio. €. Um bundesweit Aufgaben zu koordinieren, haben die Anstalten eine Arbeitsgemeinschaft gebildet, für deren Arbeit sie knapp 5 Mio. € im Jahr ausgeben.

Der Rechnungshof hält eine gemeinsame Medienanstalt der Länder für erstrebenswert. Falls eine solche Medienanstalt auf absehbare Zeit nicht realisierbar sein sollte, wäre ein Zusammenschluss der Landesmedienanstalten von Bremen und Niedersachsen zu erwägen.

(Jahresbericht Land, Tz. 173-198)

Ausländische Kinder und Jugendliche, die unbegleitet einreisen, sind zu ihrem Schutz in Obhut zu nehmen. Bremen nahm in den Jahren 2014 und 2015 viele aus dem Ausland eingereiste junge Menschen auf. Seit November 2015 ging ihre Zahl stark zurück. Dies trug zu den Problemen einiger Träger bei, bestehende Einrichtungen weiterhin wirtschaftlich zu betreiben. Die Verrechnung von Entgeltforderungen mit Rückzahlungsansprüchen Bremens aus gezahlten Abschlägen stieß in manchen Fällen auf erhebliche Probleme.

Letztlich ist der Stadt durch Insolvenzen zweier Träger ein finanzieller Nachteil in beträchtlicher Höhe entstanden. Um weitere Nachteile für Bremen zu vermeiden, ist ein Frühwarnsystem erforderlich, das Hinweise auf Risiken liefert und Anzeichen für wirtschaftliche Schwierigkeiten freier Träger erkennt. Das Jugendressort hat zugesagt, dafür die Abläufe, Informationspflichten sowie Zuständigkeiten für die Risikobewertung verbindlich vorzuschreiben.

(Jahresbericht Stadt, Tz. 128-148)

Personen, die im Ausland leben, aber Grundeigentum in Deutschland besitzen und vermieten, erzielen der deutschen Besteuerung unterliegende Einkünfte. Das Finanzamt führte bei ihm vorhandene Informationen nicht systematisch zusammen, sodass sie auch nicht ausgewertet wurden. Daher drohten Einkünfte unerkannt und damit unversteuert zu bleiben.

Das Finanzressort hat zugesagt, die Informationen künftig zusammenzuführen, damit Vermietungsfälle zutreffend besteuert werden könnten.

(Jahresbericht Land, Tz. 447-454)

Die Biersteuer steht den Ländern zu, wird aber vom Bund erhoben und verwaltet. Bremen nimmt seine Informations- und Teilnahmerechte gegenüber dem Bund nicht wahr. Im Ressort gibt es keine Aktenführung, aus der hervorginge, dass das Biersteueraufkommen dort überwacht würde. So ist nicht überprüfbar, ob die Bremen zustehenden Anteile an der Biersteuer zutreffend festgesetzt worden sind.

Um bremische Interessen bei der Verwaltung der Biersteuer hinreichend zu berücksichtigen, stehen Auskunfts- und Teilnahmerechte gegenüber dem Bund zur Verfügung, die es zu nutzen gilt.

(Jahresbericht Land, Tz. 440-446)