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Rechnungshof legt Jahresberichte 2024 vor

Die Rechtmäßigkeit der öffentlichen Haushalte betrifft alle

Anlässlich der Veröffentlichung der Jahresberichte 2024 durch das Rechnungshofskollegium (Frau Claudia Helberg, Herr Sebastian Löffler (Vizepräsident), Frau Dr. Maike Otten und Frau Dr. Imke Sommer (Präsidentin)) erklärt die neugewählte Präsidentin des Rechnungshofs der Freien Hansestadt Bremen: „Fragen der Auskömmlichkeit und der Rechtmäßigkeit der öffentlichen Haushalte wirken sich auf viele Lebensbereiche aus. Das hat sich im Anschluss an das im November 2023 ergangene Urteil des Bundesverfassungsgerichts gezeigt, in dem die Voraussetzungen für Ausnahmen von der Schuldenbremse verdeutlicht und die Haushaltsgrundsätze der Jährlichkeit und der Jährigkeit näher betrachtet wurden. Für viele Menschen ist das Bemühen der öffentlichen Verwaltungen und der Haushaltsgesetzgeber, den Anforderungen des Urteils zu genügen, unmittelbar spürbar geworden. Es wird Aufgabe der parlamentarischen Gremien auf Bundes- und Länderebene sein, über das Für und Wider einer Schuldenbremse und deren genaue Ausgestaltung zu beraten. Für die Rechtmäßigkeit der öffentlichen Haushalte und damit das Leben der Menschen sind aber auch diejenigen Themen bedeutsam, die in den Jahresberichten des Rechnungshofs der Freien Hansestadt Bremen behandelt werden. Daher ist es wichtig, dass das Team des Rechnungshofs kontinuierlich prüft, an welchen Stellen öffentliche Gelder gegen oder ohne den Willen des Haushaltsgesetzgebers ausgegeben werden und ob alle möglichen Einnahmequellen erschlossen werden.“

Die Jahresberichte dokumentieren, inwieweit die geprüften Verwaltungen das öffentliche Haushaltsrecht beachtet haben. Wenn Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen bei der Auflage von Förderprogrammen unterbleiben oder unzureichend sind, wenn nicht sorgfältig geplant wird und der Erfolg von Förderprogrammen oder gewährten Zuwendungen nicht geprüft wird, wenn keine klaren Ziele formuliert und Daten über die Wirtschaftlichkeit nicht erhoben werden, entspricht dies nicht den haushaltsrechtlichen Vorgaben. Auch wenn Bearbeitungszeiten zu lang sind, nicht auf Energieeffizienz geachtet wird und rechtliche Vorgaben missachtet werden, kollidiert die tatsächliche Verwaltungspraxis mit dem gesetzgeberischen Willen.

Dazu die Präsidentin des Rechnungshofs: „Öffentliche Haushalte sind wie Wasserreservoirs. Die Aufgabe der Rechnungshöfe besteht darin, festzustellen, ob alle vorhandenen Zuflussleitungen geöffnet sind und ob sich irgendwo Lecks befinden, die ein Versickern ohne gezielten Bewässerungseffekt zur Folge haben. Über solche Befunde berichten die heute vorgelegten Jahresberichte. Der weitere Umgang mit den angesprochenen Themen sollte sicherstellen, dass die beschriebenen Defizite künftig vermieden werden. Wie in der Vergangenheit wird der Rechnungshof der Freien Hansestadt Bremen sein prüfendes Auge darauf werfen, ob und in welchem Maße dies gelingt.“

Für weitere Informationen erhalten Sie hier die Pressemitteilung (pdf, 247.9 KB), die Kurzfassungen der Berichte (pdf, 555.4 KB) sowie den vollständigen Text der Jahresberichte 2024 - Land und Stadt (pdf, 6.7 MB).

Die folgenden Absätze geben die Kurzfassungen der in den Jahresberichten enthaltenen Beiträge wieder.

I. HAUSHALT

Der Stadtstaat wies für 2022 pandemiebedingte strukturelle Notlagenkredite von rd. 1,02 Mrd. € aus, die auch teilweise zur Erhöhung von Rücklagen für weitere pandemiebedingte Finanzierungsbedarfe genutzt wurden. Diese Rücklagenerhöhungen sollten es ermöglichen, für das Jahr 2023 auf die Feststellung einer pandemiebedingten Notsituation und damit verbundene Kreditaufnahmen zu verzichten.
Aufgrund der vom Bundesverfassungsgericht zur Einhaltung der Jährlichkeit und Jährigkeit definierten strengen Voraussetzungen steht fest, dass Notlagenkredite, die in einem bestimmten Haushaltsjahr ausgebracht werden, sich auf die Deckung von Ausgaben beschränken müssen, die für Maßnahmen zur Notlagenbekämpfung in eben diesem Haushaltsjahr anfallen. Deshalb war die Finanzierung pandemiebedingter Maßnahmen aus dafür gebildeten Rücklagen nicht zulässig. Entgegen der ursprünglichen Absicht wurde daher für 2023 die Notlage wegen der Auswirkungen und Nachsorge der Pandemie festgestellt, um die Aufnahme weiterer Notlagenkredite für den Stadtstaat in Höhe von bis zu rd. 258 Mio. € zu ermöglichen. Daneben wurde die Auflösung der Sonderrücklagen Bremen-Fonds und Bremerhaven-Fonds sowie eine Sondertilgung beschlossen.
Der Stabilitätsrat hatte im Jahr 2022 eine drohende Haushaltsnotlage festgestellt. Wegen der Nachtragshaushalte 2023 ist der Entwurf für ein Sanierungsprogramm anzupassen und erst in der zweiten Jahreshälfte 2024 eine Sanierungsvereinbarung vorzulegen.

(Jahresbericht Land, Tz. 142-169)

In 2022 hatte das Land globale Minderausgaben von über 101,9 Mio. € auszugleichen, rd. 72,2 Mio. € mehr als im Vorjahr. Minderausgaben sind nur in Höhe der voraussichtlich für die Aufgabenerfüllung nicht benötigten Mittel zu veranschlagen. Im Haushaltsvollzug sind diese Beträge durch Mehreinnahmen oder Einsparungen zu erwirtschaften. Fast ein Viertel der auszugleichenden Minderausgaben konnte zunächst jedoch nur durch die Auflösung von Rücklagen gedeckt werden.
Durch globale Minderausgaben in übermäßiger Höhe besteht das Risiko, die Budgetpflicht der Bürgerschaft in unzulässiger Weise auf die Regierung sowie Verwaltung zu verlagern. Das Finanzressort hat angekündigt, dass globale Minderausgaben zukünftig begrenzt werden. Der Rechnungshof empfiehlt eine Umsetzung bereits für die Jahre 2024 und 2025.
In den Vermögensrechnungen des Landes und der Stadtgemeinde Bremen für 2022 wurden Rechnungsabgrenzungen von rd. 309,7 Mio. € ausgewiesen. Nach den Standards staatlicher Doppik lagen die Voraussetzungen hierfür jedoch nicht vor. Der Rechnungshof hat darauf hingewiesen, dass Bilanzpositionen korrekt auszuweisen sind.

(Jahresbericht Land, Tz. 15-141)
(Jahresbericht Stadt, Tz. 7-92)

Die Personalausgaben der Bremer Verwaltung wuchsen seit dem Jahr 2012 um rd. 44,8 % auf ungefähr 2,34 Mrd. € im Jahr 2022. Gegenüber dem Vorjahr nahmen sie um rd. 3,9 % zu. Das Beschäftigungsvolumen erhöhte sich seit dem Jahr 2012 um ca. 18,3 %, also um 3.917 Vollzeiteinheiten auf 25.328 Vollzeiteinheiten im Jahr 2022. Gegenüber dem Vorjahr stieg es um 380 Vollzeiteinheiten.
In den bremischen Mehrheitsbeteiligungen erhöhte sich der Personal-aufwand von rd. 0,96 Mrd. € im Jahr 2012 auf ungefähr 1,36 Mrd. € im Jahr 2022. Das Beschäftigungsvolumen wuchs hier seit dem Jahr 2012 um rd. 38,7 % auf 23.736 Vollzeiteinheiten im Jahr 2022.
Die öffentliche Verwaltung ist zum wirtschaftlichen und sparsamen Handeln verpflichtet. Dazu hat sie sicherzustellen, dass sie ihre Aufgaben aufgrund einer sachgerechten Personalbedarfsplanung wahrnimmt. Bislang fehlt es in der bremischen Verwaltung an einheitlichen Vorgaben zur Durchführung von Personalbedarfsermittlungen. Es ist daher erforderlich, dass das Finanzressort hierfür methodische Grundsätze festlegt und die Dienststellen bei der Umsetzung solcher Maßnahmen unterstützt.

(Jahresbericht Land, Tz. 170-200)

II. ENERGIEEFFIZIENZ VERBESSERN

Mit Energie sparsam umzugehen, ist seit jeher eine haushalts- und klimapolitische Notwendigkeit, um Kosten zu vermeiden sowie den CO2-Ausstoß zu verringern. Dass dieses Thema einen größeren Stellenwert im Handeln der Verwaltung gewinnt, ist so dringlich wie noch nie. Hier sind Defizite zu beheben. Für eine Verbrauchssteuerung benötigte Daten lagen in mehr als 45 % der bremischen Dienststellen nicht vollständig oder nicht zeitnah vor. Auch fehlten Konzepte, um den Energieverbrauch von IT-Geräten zu reduzieren sowie ihre Nutzung und Verwertung nachhaltig zu gestalten.
Auch gibt es in den Büros der Verwaltung etwa 22.000 private Elektrogeräte - vom Ventilator bis zum Akku für das E-Bike. Der Stromverbrauch wird bisher allein aus dem bremischen Haushalt finanziert. Hierzu bedarf es einer Regelung.

(Jahresbericht Land, Tz. 318-351)

Der Eigenbetrieb Immobilien Bremen hat die Aufgabe, zahlreiche öffentliche Gebäude u.a. nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und der sparsamen Energieverwendung zu betreiben. Diesen Anforderungen wird er jedoch nicht vollumfänglich gerecht.
Durch nicht erhobene Verbrauchsdaten, unzureichende Kontrollen des Gebäudebetriebs, unterbliebene Berichterstattungen und fehlende Beratungsangebote bleiben Energieeinsparpotenziale ungenutzt. Unnötige Ausgaben sowie überflüssige CO2-Emissionen können so nicht vermieden werden. Der Rechnungshof erwartet vom Eigenbetrieb eine zügige Verbesserung bei der Aufgabenerledigung, insbesondere durch verbindliche Zielvereinbarungen für Verbrauchswerte und regelmäßige Berichterstattungen.

(Jahresbericht Stadt, Tz. 328-350)

Klimaschutz und Wirtschaftlichkeit zwingen zu einem nachhaltigen Umgang mit technischen Geräten und zu einem geringstmöglichen Energieverbrauch. Für Bremen übernimmt Dataport als Anstalt öffentlichen Rechts fast vollständig die Beschaffungen im IT-Bereich, den IT-Support von Endgeräten und den Rechenzentrumsbetrieb.
Um Energieverbräuche zu steuern, mangelt es auch bei der Anstalt öffentlichen Rechts Dataport an einem systematischen automatisierten Energiemanagementsystem, mit dem Energieverbräuche vollständig sowie zeitnah erfasst und gesteuert werden. Für die Beschaffung energieverbrauchsrelevanter Geräte wurde in zwei Verfahren die Energieeffizienz nicht angemessen einbezogen. Die Ausstattung mit Rechnern, Monitoren und lokalen Arbeitsplatzdruckern ist auf das unverzichtbare Maß zu reduzieren und für ausgesonderte IT-Geräte ist die Möglichkeit des Verkaufs verstärkt zu überprüfen.

(Jahresbericht Land, Tz. 352-382)

III. BEARBEITUNGSZEITEN ZU LANG

Dem Migrationsamt gelang es in den letzten Jahren nicht, über Einbürgerungsanträge in angemessener Zeit zu entscheiden. Trotz einer Verfahrensdauer von fast zwei Jahren, rd. 6.300 unbearbeiteter Anträge und unnötiger Ausgaben, die für hunderte Untätigkeitsklagen anfielen, stellte das Innenressort den Personalbedarf im Migrationsamt nicht methodengerecht fest. Ab Inkrafttreten der am 19. Januar 2024 im Bundestag beschlossenen Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts erwartet das Innenressort eine Verdoppelung der Anzahl von Einbürgerungsanträgen. Vor diesem Hintergrund ist es dringend erforderlich, die Geschäftsprozesse des Migrationsamts zu analysieren und den für die Aufgabenerledigung benötigten Personalbedarf sachgerecht zu ermitteln.
Im Haushalt wies das Innenressort Stellen des Migrationsamts, die aufgrund der Einbürgerungskampagne des Senats neu eingerichtet worden waren, als durch zusätzliche Gebühreneinnahmen refinanziert aus. Tatsächlich war es jedoch nicht möglich, Gebühreneinnahmen der Kampagne zuzuordnen. Damit lagen die Voraussetzungen für eine refinanzierte Beschäftigung nicht vor und das Innenressort verstieß gegen Haushaltsrecht.

(Jahresbericht Stadt, Tz. 93-114)

Behinderte Menschen können - abhängig vom Grad ihrer Behinderung - Nachteilsausgleiche in Anspruch nehmen. Voraussetzung ist die Feststellung einer Behinderung durch das Amt für Versorgung und Integration (AVIB). Lange Bearbeitungsdauern im AVIB führen dazu, dass Nachteilsausgleiche wie etwa Steuerfreibeträge, Ermäßigungen oder Parkerleichterungen nur verspätet in Anspruch genommen werden können.
Das AVIB verfolgt das Ziel, Feststellungsverfahren nach durchschnittlich vier Monaten abzuschließen. Tatsächlich dauerte es jedoch Ende 2023 rd. neun Monate, bis der ärztliche Dienst des AVIB über einen Antrag entschied. Als Ursache hierfür führte das AVIB personelle Engpässe im ärztlichen Dienst an, ohne den Personalbedarf zuvor belastbar festgestellt zu haben. Der Rechnungshof hat Arbeitsressort und AVIB aufgefordert, den Personalbedarf im Rahmen einer Organisationsuntersuchung sachgerecht zu ermitteln und an Zielzahlen ausgerichtete Steuerungsinstrumente zu schaffen. Dabei sollte auch erwogen werden, den ärztlichen Dienst des AVIB stärker als bisher durch die Beauftragung extern tätiger Ärztinnen und Ärzte zu entlasten.

(Jahresbericht Land, Tz. 251-272)

In den letzten Jahren blieben durchschnittlich 26.500 Verkehrsordnungswidrigkeiten ungeahndet. Bei mehr als zwei Dritteln davon verhinderte eine Verjährung die Verfolgung. Einige Ordnungswidrigkeiten, z. B. bestimmte Verstöße mit Auslandsbezug, ahndete die Bußgeldstelle nicht, obwohl dies grundsätzlich möglich gewesen wäre. Um die Zahl ungeahndeter Verkehrsordnungswidrigkeiten zu senken, ist es erforderlich, Verfahrensabläufe durch kürzere interne Fristen und den Verzicht auf entbehrliche Bearbeitungsschritte zu beschleunigen sowie alle Verstöße mit Auslandsbezug effektiv zu verfolgen.
Kann nach einem erheblichen Verstoß gegen Straßenverkehrsvorschriften die fahrzeugführende Person nicht ermittelt werden, ist es möglich, der fahrzeughaltenden Person die Führung eines Fahrtenbuchs aufzuerlegen. Obwohl dies bei mehreren geprüften Vorgängen aus Gründen der Verkehrssicherheit zwingend geboten gewesen wäre, machte Bremen
davon keinen Gebrauch.

(Jahresbericht Stadt, Tz. 115-145)

IV. ZUWENDUNGEN UND FÖRDERPROGRAMME

In den Geschäftsbereichen Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau wurden in den Jahren 2019 bis 2021 Zuwendungen u. a. mittels Förderprogrammen in Höhe von etwa 95 Mio. € gewährt.
Den Erfolg ihrer 27 Förderprogramme konnten das Bau- und das Umweltressort vielfach nicht belegen, auch weil sie Vorschriften für Erfolgskontrollen nicht beachteten. Beispielsweise bestimmten die Ressorts Ziele nicht hinreichend. Sie trafen bei der weit überwiegenden Anzahl an Förderprogrammen ebenfalls keine konkreten Regelungen, um Erfolge messen und überprüfen zu können, sondern bewerten bereits den bloßen Mittelabfluss als Erfolg.
Auch untersuchten die Ressorts die Wirtschaftlichkeit der Förderprogramme nicht oder nur unzureichend. Kosten für die Durchführung der Programme waren ihnen häufig nicht annähernd bekannt. Nachberechnungen bei 15 Förderprogrammen ergaben überwiegend zu hohe Durchführungskosten. Insgesamt fehlten notwendige Informationen über die Effektivität und Effizienz der Fördervorhaben.

(Jahresbericht Land, Tz. 273-295)

Im Projekt AI Center for Health Care forschen verschiedene Institutionen zum Aufbau KI-basierten Gesundheitswissens. Das Projekt wird über einen Verein umgesetzt. Dieser leitet über den Projektzeitraum von fünf Jahren hinweg Forschungsmittel von insgesamt rd. 6,1 Mio. € an die Institutionen weiter. Im ersten Jahr wurde das Projekt mit 532 T€ aus dem Bremen-Fonds finanziert, obwohl es weder inhaltlich noch zeitlich eng mit der Pandemiebekämpfung zusammenhing. Der Rechnungshof beanstandete die unzulässige Projektfinanzierung aus dem Bremen-Fonds. Teilweise reichte der Verein Mittel verspätet an die wissenschaftlichen Institutionen weiter, nicht benötigte Gelder forderte er zu spät zurück.
Das Ressort berücksichtigte die Eigenmittel des Vereins bei der Bemessung der Zuwendungen entgegen den haushaltsrechtlichen Vorgaben nicht. Außerdem hatte es keinen vollständigen Überblick über die Gesamtkosten des Projekts. Förderziele wurden nur unzureichend festgelegt, sodass der Erfolg der Förderung nicht anhand aussagekräftiger Kennzahlen messbar ist.

(Jahresbericht Land, Tz. 201-227)

Die Senatorin für Wirtschaft, Häfen und Transformation fördert Cluster sowie Netzwerke in den bremischen Schlüsselbranchen und -technologien. Sie finanzierte in diesem Zusammenhang auch einige Innovationsmaßnahmen, wertete deren Wirkungen jedoch nicht systematisch aus.
Bei der Bewilligung anderer Projektförderungen an Cluster- und Netzwerkvereine überprüfte das Ressort die verfügbaren Eigenmittel der Antragstellenden und etwaiger wirtschaftlich an der Förderung interessierter Dritter nicht ausreichend. In den Zuwendungsbescheiden wurden zudem keine messbaren Wirkungskennzahlen festgelegt, sodass auch die Erfolgskontrollen dieser Fördermaßnahmen nicht ausreichend möglich waren. Schließlich kontrollierte das Ressort in einigen Fällen die Verwendungsnachweise der Förderungen deutlich zu spät.

(Jahresbericht Land, Tz. 296-317)

Das zunächst allein spendenfinanzierte Projekt Kids in die Clubs der Bremer Sportjugend (BSJ) wird seit dem Haushaltsjahr 2020 von der Stadtgemeinde Bremen mit Zuwendungen gefördert. Es hat zum Ziel, Kindern und Jugendlichen aus einkommensschwachen Familien durch Förderung einer Vereinsmitgliedschaft den Einstieg in den Vereinssport zu ermöglichen. Verantwortlich für die Zuwendungsgewährung ist das Sportamt.
Mit dem Projekt wurden vorwiegend Kinder und Jugendliche aus Familien gefördert, die z. B. Bürgergeld oder Leistungen der Sozialhilfe erhielten. Diese Kinder und Jugendlichen haben jedoch bereits einen gesetzlichen - auch aus Bundesmitteln finanzierten - Anspruch auf Leistungen für Bildung und Teilhabe (BuT), die auch eine Kostenübernahme für die Mitgliedschaft in einem Sportverein umfassen. Für BuT-Leistungsberechtigte fehlt es deshalb in der Regel an der Notwendigkeit einer Förderung. Die davon abweichende Förderpraxis von Sportamt und BSJ verstieß gegen das Haushaltsrecht.

(Jahresbericht Stadt, Tz. 297-311)

V. SORGFÄLTIGE PLANUNG, KLARE ZIELE UND WIRTSCHAFTLICHKEIT

In Bremen werden an jeder dritten Schule Kinder mit Förderbedarf Wahrnehmung und Entwicklung (W+E) inklusiv unterrichtet. Die Anzahl dieser Kinder, die voraussichtlich lebenslange Unterstützung benötigen, steigt in Bremen seit Jahren überproportional an. Die Ursachen für diesen Anstieg bedürfen der weiteren Aufklärung, um die Förderung an tatsächlich bestehenden Bedarfen ausrichten zu können.
Das Ressort hat einen Träger beauftragt, die nichtunterrichtenden Fachkräfte zu stellen. Mit Stand September 2022 blieben jedoch 49 Stellen unbesetzt. Der Rechnungshof hat empfohlen, vorrangig Schulen in Stadtteilen mit schwierigen sozialen Bedingungen auszustatten.
Durch eine mangelhafte Vertragsgestaltung mit dem Träger entstanden Bremen in den Schuljahren von 2018/19 bis 2021/22 Mehrausgaben von rd. 1,34 Mio. €. Der Rechnungshof hat gefordert, Verträge sorgfältiger zu gestalten und Abrechnungsverfahren zu verbessern.

(Jahresbericht Stadt, Tz. 146-181)

Für Kinder und Jugendliche mit bestehender oder drohender seelischer Behinderung gibt es nach § 35a Sozialgesetzbuch (SGB) VIII - Kinder- und Jugendhilfe - einen individuellen Anspruch auf Schulbegleitung, um ihnen eine Teilhabe an Bildung zu ermöglichen. Als Teil der Eingliederungshilfe ist die Schulbegleitung nachrangig zu entsprechenden Leistungen der Schulen, die im Rahmen der Inklusion erbracht werden. Die Ausgaben für Schulbegleitungen lagen im Jahr 2022 bei rd. 16,9 Mio. €.
Trotz individuellen Anspruchs auf Schulbegleitung bleibt eine erhebliche Anzahl von Kindern und Jugendlichen mit bestehender oder drohender seelischer Behinderung unversorgt. Ob die betroffenen Kinder und Jugendlichen dennoch zum Schulunterricht kamen und an ihm teilnehmen konnten, war dem Jugendressort nicht bekannt. Um sicherzustellen, dass die Bedarfe gedeckt werden, ist es u. a. notwendig, mit Trägern Maßnahmen zu entwickeln, um deren Kapazitäten zu erhöhen. Auch ist ein effektives Controlling einzurichten, um die Schulbegleitung angemessen steuern zu können. Langfristiges Ziel sollte es sein, Schulbegleitung in den Verantwortungsbereich inklusiver Schulen zu überführen.

(Jahresbericht Stadt, Tz. 263-296)

Wegen fehlender eigener IT-Fachkräfte nimmt das Bildungsressort seit Jahren die Leistungen des Vereins Schul-Support-Service e. V. in Anspruch. Der Verein wird in den öffentlichen allgemein- und berufsbildenden Schulen für den Support der pädagogischen IT-Arbeitsplätze und zur Betreuung mobiler Endgeräte für die Schülerinnen und Schüler sowie für die Lehrkräfte eingesetzt.
Aufgrund mangelhafter Prüfung sowohl der Antragsunterlagen als auch der Verwendungsnachweise zahlte das Ressort dem Verein Schul-Support-Service e. V. mehr Zuwendungen, als dieser benötigt hätte.
Die vom Ressort geplante Neuorganisation des IT-Supports an Schulen basiert auf einer Bedarfserhebung aus dem Jahr 2018. Diese ging von 24.000 zu betreuenden Endgeräten in den Schulen bis zum Jahr 2024 aus. Bereits im Jahr 2020 wurden jedoch pandemiebedingt für die Lehrkräfte sowie für die Schülerinnen und Schüler rd. 100.000 Endgeräte beschafft. Der Rechnungshof hat das Ressort aufgefordert, vor einer Neuorganisation des IT-Supports aktuelle Bedarfe zu ermitteln.

(Jahresbericht Stadt, Tz. 182-209)

An den Schulen Bremens gibt es zu wenig Sportlehrkräfte. Deswegen beschloss der Senat Anfang 2019, an der Universität Bremen den Lehramtsstudiengang Sport wiederaufzunehmen. Der Studiengang soll zum Wintersemester 2024/2025 beginnen.
Die geplante Zahl der zu schaffenden Studienplätze orientierte sich nicht an den in Bremen bestehenden Bedarfen an Sportlehrenden, sondern an den für den Studiengang vorgesehenen Mitteln. Mit den geplanten Studienplatzzahlen könnte ein 2019 prognostizierter Bedarf an Sportlehrkräften im Land Bremen rechnerisch erst 2036 gedeckt werden. Der Rechnungshof hat beanstandet, dass die Universität und das Wissenschaftsressort den Studiengang planten, ohne den im Land Bremen tatsächlich bestehenden Bedarf an Sportlehrkräften zu kennen.
Bei der Planung der Sportstätten hat der Rechnungshof bemängelt, dass die Universität sich für den Neubau einer Sportstätte entschied, obwohl das zugrundliegende Gutachten hierfür keine aussagekräftige Entscheidungsgrundlage bot.

(Jahresbericht Land, Tz. 228-250)

Die Leistungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen sollten mit dem Bundesteilhabegesetz zu einem modernen Teilhaberecht weiterentwickelt werden und sich mehr an den individuellen Wünschen sowie Vorstellungen der sie in Anspruch nehmenden Menschen ausrichten. Für die Umsetzung der einzelnen Reformstufen räumte der Gesetzgeber den Verwaltungen einen mehrjährigen Zeitraum ab 2016 ein. Bis spätestens zum Jahresbeginn 2020 sollten die Leistungen inhaltlich neu gestaltet und mit den Leistungserbringern an die neue Rechtslage angepasste Verträge geschlossen werden.
Dem Sozialressort ist es jedoch nicht gelungen, alle notwendigen Umstellungsarbeiten termingerecht abzuschließen. So sind selbst vier Jahre nach dem Inkrafttreten aller Reformstufen noch nicht alle fachlichen Ziele umgesetzt und alle Leistungsbeschreibungen im Sinne der angestrebten verbesserten Teilhabe neu erstellt worden. Dies wäre mit einer rechtzeitigen, realistischen und konsequenteren Planung vermeidbar gewesen.

(Jahresbericht Stadt, Tz. 210-237)

Das Projekt Housing First ist ein neuer niedrigschwelliger Hilfeansatz, Wohnungs- und Obdachlosigkeit zu beenden, der sich an Menschen mit komplexen Problemen, die nur schwer einen Zugang zum allgemeinen Wohnungsmarkt finden, richtet. Das Sozialressort erprobt diesen Ansatz seit September 2021 gemeinsam mit einem Trägerverbund. Dieser erhält dafür Zuwendungen.
Das Sozialressort legte für das Projekt auf Basis einer Schätzung zunächst eine Zielzahl von 35 Personen pro Jahr fest, die von 2021 an aus der Wohnungslosigkeit heraus in Wohnraum vermittelt werden sollten. Weil das Sozialressort die Ausgangslage vor Projektbeginn nicht hinreichend untersuchte und keine differenzierte Bedarfsanalyse durchführte, musste es die Zielzahl seit Beginn des Projekts mehrfach nach unten korrigieren. Zudem vereinbarte das Sozialressort mit dem Trägerverbund kein Berichtswesen zu erreichten Zielen und zu Gründen für Abweichungen. So erkannte das Ressort beispielsweise nicht, dass die Personalausstattung des Trägerverbunds im Jahr 2022 unter dem abgestimmten und mit Zuwendungen finanzierten Stellenumfang blieb.

(Jahresbericht Stadt, Tz. 238-262)

Die Stadt Bremen hat im Jahr 2023 die Fahrradroute Wallring fertiggestellt. Die investiven Baukosten der Maßnahme sollten bis zu 90 % durch ein Förderprogramm des Bundes abgedeckt werden. Den verbleibenden Betrag von rd. 400 T€ sollte die Stadt Bremen tragen. Dieser Anteil erhöhte sich im Verlauf der Maßnahme erheblich und betrug schlussendlich rd. 3,73 Mio. €. Eine weitere Bundesförderung, die Mehrkosten hätte finanzieren können, war von vornherein nicht möglich und daher nicht zu realisieren. Zudem wurden die Gremien unzutreffend, unvollständig sowie verspätet über die Kostensteigerung und deren Finanzierung unterrichtet.
Das Ausschreibungsergebnis für den Teilabschnitt "Am Wall" übertraf die Auftragswertschätzung deutlich. Das einzig vorliegende Angebot war überhöht und wurde nicht ordnungsgemäß geprüft, aber trotzdem in Auftrag gegeben. Zur Ausschreibung war die Ausführungsplanung nicht fertiggestellt worden. Deshalb mussten Bauleistungen in Höhe von 400 T€ nachträglich ohne Ausschreibung eingekauft werden.

(Jahresbericht Stadt, Tz. 312-327)

Aufgrund des hohen Bedarfs an Kinderbetreuungsplätzen sowie Klassenraumkapazitäten gelten seit 2016 vereinfachende Regelungen in den Bauverfahren zur Planung und Errichtung von Mobilbauten. Mit dem Bau darf beispielsweise ohne Baugenehmigung, ohne Ausführungsplanung und ohne Terminplan begonnen werden. Damit steigt jedoch das Risiko von teuren Umplanungen und Zeitverzögerungen im Bauablauf.
Das Finanzressort hat bis heute die Wirksamkeit der Vereinfachungen - auch im Hinblick auf mögliche Mehrkosten - nicht überprüft. Damit ist mehr als fraglich, ob über 40 Baumaßnahmen, die Kosten in Höhe von ca. 35 Mio. € verursacht haben, wirtschaftlich umgesetzt worden sind. Eine kritische Auseinandersetzung des Ressorts mit den beschlossenen Verfahrensvereinfachungen steht weiterhin aus.

(Jahresbericht Stadt, Tz. 351-367)

VI. RECHTLICHE VORGABEN BEACHTEN

Die Finanzverwaltung muss Anhaltspunkte, die den Verdacht auf Geldwäscheaktivitäten begründen, der Steuerfahndungsstelle melden. Insbesondere Außenprüfungen ermöglichen tiefe Einblicke in Besteuerungssachverhalte. Trotzdem stammen regelmäßig nur wenige der Geldwäscheverdachtsanzeigen aus Außenprüfungen. Der Rechnungshof hat gerügt, dass das Ressort den Gründen für die geringe Anzahl der Mitteilungen aus diesem Bereich der Finanzverwaltung nicht nachgegangen ist.
Eine bei der Senatorin für Wirtschaft angesiedelte Aufsichtsbehörde überprüft die Einhaltung bestimmter Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem Geldwäschegesetz. Die Finanzverwaltung hat die Verpflichtung, die Aufsichtsbehörde bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Sie muss beispielsweise ordnungswidriges Verhalten melden, das ihr im Besteuerungsverfahren bekannt geworden ist. Dieser Verpflichtung ist die Finanzverwaltung in den vergangenen Jahren nahezu nicht nachgekommen.

(Jahresbericht Land, Tz. 444-465)

Für die Anerkennung von Dienstunfällen, die Auszahlung der Unfallfürsorgeleistungen sowie die Prüfung von Schadenersatzansprüchen gegen Dritte bei Unfällen von Beschäftigten ist Performa Nord zuständig.
Neben Mängeln in der Bearbeitung von Unfallverfahren - etwa durch verzögerte Arbeitsvorgänge und unvollständige Datenpflege - haben die Dienststellen zahlreiche Unfälle ihrer Beschäftigten, bei denen ein Drittverschulden vorlag, nicht ordnungsgemäß gemeldet. Allein dadurch wurden von Performa Nord Schadenersatzansprüche in Höhe von schätzungsweise 160 T€ nicht verfolgt. Auch führten Mängel bei der Kostenermittlung zu Einnahmeausfällen. Die Geschäftsprozesse bei Performa Nord sind effektiver zu gestalten, auch mit informationstechnischer Unterstützung.

(Jahresbericht Land, Tz. 417-443)

Beamtinnen und Beamten kann auf Antrag Urlaub ohne Dienstbezüge gewährt werden. Die entscheidungserheblichen Gründe für Beurlaubungen wurden in den Personalakten häufig nicht ausreichend dokumentiert. In Einzelfällen wurden Beurlaubungen wegen der Überschreitung von Höchstgrenzen oder fehlender Befristungen sogar rechtswidrig bewilligt.
Zudem war nicht immer die Notwendigkeit einer Beurlaubung gegeben. So ließen einzelne Dienststellen außer Acht, dass beamtenrechtliche Maßnahmen wie Umsetzungen, Abordnungen und Versetzungen einer Beurlaubung grundsätzlich vorzuziehen sind. Auch wurden Beamtinnen und Beamte beurlaubt, um eine Tätigkeit bei einer anderen Stelle ohne Dienstherrnfähigkeit eingehen zu können, beispielsweise bei einer bremischen Beteiligungsgesellschaft. Hier hätte jedoch zunächst geprüft werden müssen, ob dieses Ziel nicht auch auf einem anderen, für den Dienstherrn womöglich wirtschaftlich oder anderweitig vorteilhafterem Weg hätte erreicht werden können, etwa mittels einer Zuweisung. Das allein private Interesse von Beamtinnen und Beamten an einer höheren Vergütung darf dagegen nicht den Ausschlag für eine Beurlaubung geben.

(Jahresbericht Land, Tz. 383-416)